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Potenzial von Vielfalt/Diversity - Frauen im Fokus


Thema: Potential von Vielfalt/Diversität – Frauen im Fokus

Host: Susanna Bihari


Gesellschaft hat sich immer schon durch Vielfalt ausgezeichnet. Ohne Vielfalt ist es ziemlich langweilig. Es gibt natürlich immer Reibungspunkte durch Vielfalt: Reibungspunkte zwischen armen und reichen Menschen, jungen und alten Menschen, … Vielfalt birgt viel Potential, aber auch Probleme.Susanna Bihari




Expertinnen und Experten




Thema: Potential von Vielfalt/Diversität – Frauen im Fokus

Interviewrunde: Wie neue Technologien und Assistenzsysteme helfen, Vielfalt besser zu leben

Wie neue Technologien und Assistenzsysteme helfen, Vielfalt besser zu leben

Moderation: Susanna Bihari


Expertinnen und Experten


Klaudia Bachinger über die Online Plattform WISR

Wir betreiben eine Onlineplattform, über die Pensionisten und Pensionistinnen Jobs (projektbasiert, Teilzeit und saisonal) finden können. Unternehmen können sich in Zukunft nicht mehr leisten, nur noch „jung und dynamisch“ zu rekrutieren, wenn man sich unsere Alterspyramide anschaut und wenn man sich überlegt, wo das ganze Wissen und die Erfahrung stecken. Da sind nicht nur die Millennials interessant, sondern auch die Babyboomer-Generation. Auf unserer Plattform kann man sich registrieren, wenn man über die Pension hinaus tätig sein will. Wir haben derzeit rund 1.400 Pensionisten und Pensionistinnen - also Silver Ager, wie wir sie nennen. Und wir haben derzeit rund 80 Firmen, die Jobpostings schalten. Es geht um Projekte. Der größte Bereich ist im Verkauf, aber auch Administration, Buchhaltung und Kundenservice sind gefragte Bereiche.

In Deutschland werden beispielsweise in den nächsten Jahren bereits acht Millionen Arbeitskräfte fehlen und da reden wir nicht nur von Fachkräften. Deshalb vertreten wir die Meinung, dass es sich ein Unternehmen nicht mehr leisten kann, nur noch Menschen um Mitte 20 oder 30 anzustellen. Unternehmen müssen den Pool erweitern.

Julian Richter über „More than one perspective“

MTOP hat das Ziel, geflüchtete Akademiker und Akademikerinnen gut am Arbeitsmarkt zu integrieren bzw. ihnen bessere Jobchancen zu ermöglichen.

Wir leben in einer Zeit des Umbruches, in einer Zeit, in der sich sehr viele Menschen vom Arbeitsmarkt zurückziehen, manchmal auch ungewollt. Das heißt, wir haben in den nächsten Jahren ein riesiges Problem, die Arbeitskräfte zu finden, die wir brauchen, um den Wirtschaftsstandort Österreich so erfolgreich zu machen, wie wir ihn gerne hätten.

Wir haben vor zirka zwei Jahren gesehen, dass über 180.000 geflüchtete Menschen nach Österreich gekommen sind. Wir haben uns die Statistiken genauer angeschaut und erkannt: den klassischen Flüchtling gibt es nicht. Es handelt sich um eine Stereotypisierung. Ein Flüchtling ist nicht zwangläufig aus Afghanistan und ein junger Mann. Es handelt sich um eine sehr diverse Population unter den Geflüchteten. Unter diesen Menschen gibt es natürlich welche, die in ihrem Heimatland eine sehr gute Ausbildung erhalten haben, unter anderem Akademiker, aber auch sehr viele Fachkräfte und auch Arbeitskräfte, die zwar keine formale Ausbildung abgeschlossen haben, die aber sehr wohl einen Beruf erlernt haben.

Wir von „More than one perspective“ machen es uns zur Aufgabe, diesen Menschen eine neue Perspektive zu zeigen. Wir bieten ein sechsmonatiges Programm an, das die Menschen auf den Arbeitsmarkt vorbereiten soll. Wir vermitteln diese Menschen dann aktiv an Unternehmen und unterstützen Unternehmen dabei, diese Mitarbeiter in ihren Betrieb zu integrieren.
Unsere durchschnittlichen Teilnehmer sind Menschen mit einem Hochschulabschluss. Also so gebildet wie ich und auch so alt wie ich. Im Unterschied zu mir dürfen sie aber schon zwei Jahre nicht arbeiten und keinen Erfolg haben, in dem, was sie ursprünglich gelernt haben. Das stelle ich mir furchtbar vor. Wenn wir sehen, wie die Unternehmer strahlen, wenn sie uns erzählen, wie gut der neue Mitarbeiter/ die neue Mitarbeiterin ist. Und wie die TeilnehmerInnen strahlen, wenn sie wieder bei uns sind und uns ihre Geschichte erzählen, ist das super.
Wir sind noch recht klein und haben bis jetzt 120 Personen begleitet, davon sind 75 Prozent im Arbeitsmarkt angekommen. Wir haben aber einen starken Wachstumstrend vor. Wir wollen nächstes Jahr wieder 120 AkademikerInnen in unser Programm aufnehmen, aber auch für Fachkräfte und nicht formal ausgebildete Kräfte weiter Programme anbieten.

Philippe Narval über Kernaussagen beim Forum Alpbach zum Thema Diversity

Das Forum Alpbach wurde 1945 - also gleich nach dem Krieg - gegründet und ist an sich ein Beispiel für gelebte Vielfalt. Wir haben über 5.000 Teilnehmer aus 90 Nationen, darunter 700 Studenten und Studentinnen bzw. junge Leute unter 30, die mit einem Stipendium in Alpbach sind. Darunter sind auch viele Geflüchtete. Wir haben 400 unterschiedliche Veranstaltungen von Debatten über Diskurse bis zu Kunstveranstaltungen.

2018 war das Jahresthema Diversität und Resilienz. Die Leute haben es satt, wenn Vielfalt und Diversität schlecht geredet werden, wie das im aktuellen politischen Diskurs stattfindet. Sie haben es satt, wenn es kein Interesse an einem positiven Diskurs zur Bereicherung und zum Beitrag von Diversität und Vielfalt in unserer Gesellschaft gibt. Gleichzeitig wird in unserer Gesellschaft irrsinnig viel dazu getan, um Diversität zu nutzen und besser zum Einsatz kommen zu lassen. Das ist für mich in Wirklichkeit der Sukkus.
Eine Gesellschaft, die diese Ressourcen unterschiedlichster Art von Wissen von Alter von Generationen von Kultur nicht zu nutzen weiß, wird zu einer Monokultur verkommen. Was mit Monokulturen passiert, wissen wir aus der Landwirtschaft.

In meinem Buch „Die freundliche Revolution“ geht es um eine Erneuerungsform der Demokratie. Es geht um die Frustration der Bürger und Bürgerinnen, die sie mit der Politik haben und das Gefühl, nicht wahrgenommen zu werden. Die Politik ist sehr gut beraten, Räume aufzumachen, wo die Vielfalt der Stimmen gehört werden kann. Beispiele für Frustrationsquellen sind die Abhandlung des Deutschen Dieselskandals oder die Banken- und Finanzkrise 2008 in Verbindung mit fehlenden Finanzmitteln für soziale Absicherung. Es gibt in Europa aber Beispiele von Politikern, die diese Räume aufmachen und Bürgern Gehör verschaffen. Etwa Modelle, wie den Bürgerrat in Irland mit ganz erstaunlichen Ergebnissen. Hier merkt man, dass Bürger mit ganz unterschiedlichen Hintergründen zu Verbündeten werden können. Im Vordergrund steht, dass wir uns allen politisches Denken zutrauen. So wie es eine Politikverdrossenheit gibt, gibt es auch eine Bürgerverdrossenheit von Seiten der Politik. Diesen Graben kann man mit Beteiligung kleiner machen.

Keynote: Gerlind Weber

Gehen die Frauen, stirbt das Land

Gerlind Weber


Derzeit steht die internationale Migration im Fokus der öffentlichen Diskussion. Es gibt aber auch innerhalb Österreichs Migration, die mittels einer Studie beleuchtet wurde. In dieser Studie geht es um die Migration von Frauen innerhalb Österreichs und die Motive für ihr Wanderverhalten.

In einer Veranstaltung zur Studie meinte ein Bürgermeister: „Wenn die Frauen gehen, stirbt das Land.“ Das ist etwas, das wir beachten müssen. Die jungen Frauen, das waren in der Studie die 20- bis 29-jährigen Frauen, haben große Erwartungen zu erfüllen: Sie sind die Arbeitnehmerinnen, sie sind die Erbinnen und Übernehmerinnen, sie tragen zum Image einer Region bei, sie sind die Trägerinnen intellektuellen Potentials, sie sind wesentlich besser ausgebildet als ihre gleichaltrigen männlichen Genossen. Sie sind Unternehmerinnen, sie verfügen über die Geldreserven. Sie sind die Konsumentinnen und Investorinnen. Sie bilden durch ein hohes Maß an Sozialkompetenz den sozialen Kitt. Sie sind die potentiellen oder schon gewählten Partnerinnen. Sie sind die potentiellen oder schon gemachten Mütter. Sie sind die potentiellen oder praktizierenden pflegenden Angehörigen. Da kann man wirklich sagen ein jeder hängt sich bei einer Frau an.

Es ist extrem schwierig, das Wanderverhalten zu beeinflussen. Die Wanderungsbereitschaft der Frauen ist höher als die ihrer männlichen Altersgenossen. Die klassische Abwanderung gibt es nicht. Es handelt sich um eine extrem heterogene Gruppe. Diese Frauen sind in einer extrem dynamischen Lebensphase. Die Treffsicherheit der Maßnahmen gegen Abwanderung kann deshalb schlecht eingeschätzt werden.

Die jungen Frauen distanzieren sich tendenziell vom öffentlichen oder halböffentlichen Leben in dieser Phase. Es gibt kaum Kommunikation zwischen den Entscheidungsträgern einer Gemeinde und den betreffenden Frauengruppen. Es werden auch Maßnahmen gesetzt, die die Frauen nicht als Lebensqualität steigernd empfinden, sondern als Voraussetzung im Prinzip wahrnehmen. Die Pullfaktoren einer Zielgemeinde (meist einer Stadt) wiegen meist viel schwerer als die Pullfaktoren der Gemeinde, in der sie gerade wohnen. Ländliche Gemeinden kämpfen immer gegen die Annehmlichkeiten der Stadt. Die Frauen wandern meist dort ab, wo es sich um finanzschwache ländliche Gemeinden handelt. Diese Gemeinden sind meist sehr geknebelt, was Investition anbelangt. Es fehlen auf der einen Seite die Investitionsmöglichkeit und auf der anderen Seite die kritische Masse, die diese Investitionen überhaupt rechtfertigen können. Wenn die Gemeinden Maßnahmen setzen können, setzen sie diese in der Regel meist für die Ortstreuesten, nämlich bei Müttern mit Kleinkindern (z.B. Kinderspielplatz). Sie setzen Maßnahmen, die die betreffen, die ohnehin dageblieben wären.
Es gelingt nicht, die High-Potentials zu binden. Die gut ausgebildeten Frauen gehen weg, da hat eine Landgemeinde keine Chance. Das schwächt die ländlichen Regionen natürlich besonders, weil sie unterrepräsentiert ausgestattet sind an sehr gut ausgebildeten Menschen. Das ist ein regionales Handicap. Es gibt aber auch Fehleinschätzungen: Es gibt beispielsweise eine Gemeinde, die hat betreutes Wohnen geschaffen, um hier auch Arbeitsplätze zu schaffen, in der Hoffnung, dass diese Jobs die jungen Frauen aus der Gemeinde übernehmen würden. Die haben das nicht gewollt. Man musste ganz andere Personen dafür gewinnen, die wieder wo anders her kommen mussten.

Was noch zu sagen ist: Es ist nicht vertretbar, jemanden, der zur Wanderung entschlossen ist, hier die jungen Frauen, zurück zu halten. Man muss sie eher bestärken, diesen Schritt zu setzen, aber auch darauf reagieren, um sie später wieder in die dörfliche Gesellschaft einbinden zu können.
Wichtig ist, dass es im hohen Maße private Motive sind, die das Wanderungsverhalten bestimmen. Man glaubt immer, es ist die Arbeitsplatzfrage oder die Ausbildungsfrage, aber es sind private Motive wie Studienort von Freundinnen, Arbeitsort des Partners oder Auszug aus dem „Hotel Mama“. Diese privaten Motive entziehen sich einer Beeinflussung von Politik und Wirtschaft.

Es heißt auch nicht, ich bin hier geboren und bleibe für immer da, oder ich bin von hier weg gegangen und bleibe für immer fort. Das ist ein Klischee, das heute einfach nicht mehr stimmt. Wir müssen uns einstellen auf die Vielfalt des Bleibe- und Wanderungsverhaltens, darauf müssen wir Strategien entwickeln. Wir müssen akzeptieren, dass mehrere Lebensstationen heute fast schon Lifestyle sind.

Wir unterscheiden zwischen:
• Die Da-aufgewachsenen, das sind jene, die noch keine Entscheidung getroffen haben.
• Die Da-bleibenden, das sind jene die gesagt haben, ich bleibe hier.
• Es gibt die Rückkehrerinnen, sie sind hoch im Hinblick auf das Bleibeverhalten einzuschätzen. Sie haben aber die Schwelle, zu gehen, schon mal überwunden.
• Die Zugezogenen, sie haben noch keine hohe Bindung zum Ort.
• Es gibt viele junge Menschen, die einen Zweitwohnsitz haben, die unter der Woche in der Stadt arbeiten und am Wochenende am Land leben.
• Die Abwanderungsbereiten, die unterschwellig ständig unzufrieden sind bzw. die pro-aktiv auf eine Chance warten, die woanders geboten wird. Sei es eine Arbeitsstelle oder ein Ausbildungsplatz.
• Die, die schon abgewandert sind, in der Absicht woanders ihren Lebensmittelpunkt fürs Weitere zu gestalten.
• Die sequenziellen Abgewanderten: immer mehr Menschen verbringen Lebensphasen an ganz unterschiedlichen Orten (Montage, Betreuung von Kulturprojekten) und kommen dann immer wieder in die Herkunftsgemeinden zurück.
• Es gibt die Rückkehr-Bereiten.

Maßnahmen für die unterschiedlichen Personengruppen:

Bindemaßnahmen für die Da-aufgewachsenen und die Da-bleibenden:
Es geht darum, diese Menschen darin zu bestärken, ihren Lebensmittelpunkt da zu belassen, wo sie ihn haben. Man muss ihre Lebensumstände und ihr Lebensgefühl objektiv versuchen zu verbessern. Die Lehrstellenangebote sind oft sehr wenig und nicht sehr vielfältig, wenn ein anderer Lehrberuf interessant ist. Krabbelstubenplätze sind wichtig. Es gibt oft die Meinung, dass keine Krabbelstubenplätze gebraucht werden würden. Werden aber welche geschaffen, so werden diese auch genutzt. Unterschiedliche pädagogische Konzepte in den Bildungseinrichtungen (Montessori-Pädagogik oder Unterrichtssprache Englisch). Eine Abstimmung zwischen den Gemeinden ist sinnvoll, damit eine Vielfalt in einer Region entsteht.
Frauen verstehen Nahversorgung auch ganz anders. Nicht nur Gasthaus, Bank, Geschäft und Arzt sind wichtig, sondern Pizza-Lieferservice, Fitnessstudios und Discos sind gewünscht, sowie mobiles Internet und Coffee-to-go.

Integrationsmaßnahmen für Rückkehrerinnen und Zugezogene
Grundsätzlich ist zur Kenntnis zu nehmen, dass die jungen Leute agiler werden, das Wanderungsverhalten ist sehr volatil. Man kann nicht sagen, so jetzt bewährst du dich mal ein paar Jahrzehnte und dann werden wir dich vielleicht irgendwann als unsrigen akzeptieren. Wenn man sich unzufrieden fühlt, geht man einfach. Hier muss man schnell reagieren. Es geht um das Brücken schlagen zwischen denen, die schon da sind und den Zugezogenen.
Was wären hier wesentliche Schritte: Das Wandern ist per se nichts Schlechtes und darf auch nicht so interpretiert werden. Aber man muss immer sagen: Wir würden gerne weiter auf dich bauen können.
Wichtig ist auch, eine Willkommenskultur in der Binnenwanderung zu entwickeln. Begrüßung der Zuzügler mit einer Willkommensmappe durch den Bürgermeister, Angebot einer Unterstützung durch die Gemeinde, Willkommensfeste, Mentoren, …

Festigungsmaßnahmen für die Bi-lokalen und Abwanderungsbereiten
Dem ländlichen Raum müssen diese Part-Time-BewohnerInnen am Herzen liegen. Auch sie können einen Beitrag dazu leisten, das Zusammenleben positiv zu gestalten und Wirtschaftsimpulse setzen. Die ländlichen Gemeinden sagen: „Aus den Augen, aus dem Sinn.“ Das ist ein Fehler. Hier geht es darum, eine ganz neue Annäherung an diese Leute zu schaffen und ihnen das Nest warm zu halten. Möglichkeiten sind Vorhabensgespräche, mit den Leuten, die den Lehrabschluss gemacht haben oder die graduiert sind. Hilfsangebote bei Betriebsgründung und Existenzaufbau.

Rückbindemaßnahmen für die Abgewanderten, die sequenziell Abgewanderten und die Rückkehrbereiten
• Positiv ausdrücken, dass der Abwanderungsschritt respektiert wird, aber dass das Wiederkommen unterstützt wird
• Positiver Schritt war z.B. die Gründung von Fachhochschulen in Kleinstädten
• Maßgeschneiderte Rückkehrangebote machen
• Kontaktstelle für Abgewanderte an den Zielorten z.B. Südtiroler Verein „Südstern“ in Wien
• Begegnungsorte für die Menschen vom Land in den Städten schaffen

Podiumsrunde: Weibliche Landflucht und Teilhabe in politischen Entscheidungsprozessen

Weibliche Landflucht und Teilhabe in politischen Entscheidungsprozessen

Moderation: Susanna Bihari


Expertinnen und Experten


Sandra Bartl über die Chance von Digitalisierung für qualifizierte Jobs in ländlichen Regionen

Ich war vor rund 20 Jahren in Linz bei TV3 tätig. Irgendwann war die persönliche Weiterentwicklung wichtig und da gab es nur den Weg nach Wien. Heute in Zeiten der Digitalisierung wäre das vielleicht nicht mehr nötig. Heute müssten nicht alle Ministerien in Wien sein. Man müsste das mal denken. Was wäre wenn? Dann gäbe es den Wasserkopf nicht mehr.

Reinhold Mitterlehner über Perspektiven in den Gemeinden

Kann man aus ganz Österreich Wien machen? Kann man Ministerien oder auch andere Behörden und Einrichtungen in die Bundesländer verlegen? Ich halte persönlich davon nicht so viel. So viele Ministerposten haben wir nicht, dass man Ministerposten in allen Bundesländern platzieren kann. Dann braucht man Videokonferenzen, um das zusammen zu führen. Die kurzen Wege haben ihren Vorteil.
Je höher der Bildungsgrad in einer Region/in einer Gemeinde ist, desto schwieriger ist es. Man braucht nur einen Schuldirektor, einen Bankdirektor … Ich sehe das als normale Entwicklung. Es wird jeder Ort interessiert sein, gute Angebote für die Bürger zu entwickeln, Lehrstellen, Arbeitsplätze etc. Zentraler Punkt ist auch das Wohnungsangebot. Hier sollen auch Kleinwohnungen und WGs ermöglicht werden und nicht nur Wohnungsangebote für Familien.

Angebote, die über die Standardangebote der Gemeinden wie Nahversorgung usw. hinausgehen, sind wichtig. Angebote, die in die Lebensbereiche der jungen Leute hineingehen. Man muss Menschen, die wieder zurückkommen, wieder einbinden - zum Beispiel über die Freiwilligenarbeit.

Nina Kaiser über Kinderbetreuung und besondere Arbeitsmodelle

Das Kinderbetreuungsangebot am Land kann ich nicht beurteilen. Ich weiß aber, dass es Landgemeinden gibt, in denen man ab 13 Uhr privat für die Kinderbetreuung sorgen muss. In Wien sind wir in der glücklichen Lage, dass es besser ist. Wir haben bei Puls4 einen Betriebskindergarten, der von 7 bis 19 Uhr am Abend geöffnet ist und nur eine Woche im Jahr geschlossen hat. Das ist großartig für eine Frau, an der doch der Großteil der Kinderbetreuung hängt, auch wenn die Männer natürlich beteiligt sind. Aber wir Frauen sind abhängig davon, dass wir die Kinder betreut haben.

Als ich der Liebe wegen nach Vorarlberg zog, wollte ich aber meinen Job in Wien behalten und ich musste umdenken. Kann ich meine Ziele, die ich mir beruflich gesetzt habe, weiter verfolgen und umsetzen? Ich musste darauf hoffen, dass die anderen Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten wollte, auch umdenken und respektieren, wenn ich nicht am selben Tisch sitze, wohl aber rund um die Uhr erreichbar bin. Und es klappt sehr gut, denn ich habe es geschafft, von Vorarlberg aus den Musikpreis Amadeus in Wien zu organisieren, Servus TV in Salzburg zu betreuen und diverse Projekte in Vorarlberg durchzuführen.

Judith Raab über die besonderen Fähigkeiten der Frau und Frauen in der Politik

Die Mehrdimensionalität, die wir im Leben aufgrund der gesellschaftlichen Ordnung verwirklichen müssen, ist entscheidend. Es ist so, dass bei uns Männern und Frauen ganz unterschiedliche Rollenbilder traditionell zugeordnet werden. Wenn Frauen allen Rollenbildern gerecht werden wollen, haben sie sehr viele Facetten abzubilden.
Es ist natürlich sehr wichtig, die Perspektive von Frauen in der ländlichen Region zu haben. Das muss man auf die Politik runter brechen. Politik ist traditionell ein von Männern geschaffener Raum. Das war ein Ort, der über Jahrzehnte den Männern gehört hat. Frauen haben nicht wählen dürfen. Dann durften sie wählen, aber bis sie in politische Mandate kamen, dauerte es. Jetzt ist das ein Raum, der von Männern gestaltet wurde und wird. Frauen finden da ihren Platz nur schwer.

Es wäre so wichtig, Frauen zu motivieren, dass sie sich politisch engagieren. Nicht weil sie besser sind als Männer, sondern weil sie eine völlig andere Perspektive einbringen. Das heißt aber auch, wenn in einen Gemeinderat eine Frau hineingeht, dann fliegt ein Mann hinaus. Das sind Realitäten, deren muss man sich bewusst sein. Wenn eine Frau Bürgermeisterin wird, löst sie einen Mann damit ab. Das sind Mechanismen, die wirken dahinter und da geht es um viel Macht und auch um unangenehme, harte Auseinandersetzungen, denen sich Frauen oft nicht aussetzen. Es braucht mehr Mut von Frauen und es ist so wichtig, dass mehr Frauen in die Politik gehen, weil die Sichtweise der Frauen nur Frauen einbringen können.

Maria Pernegger über Frauen und Mädchen als Programmiererinnen

Es gibt viele Angebote für Kinder im Bereich Programmieren, vor allem in Wien und hier auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten (z. B. für MigrantInnen). Am Land gibt es diesbezüglich ein Defizit. Ich habe die Initiative ergriffen und ein Angebot gesetzt, dieses Angebot den Kindern zu ermöglichen. In Zusammenarbeit mit Mentoren und Mentorinnen aus der Wirtschaft wurde ein Projekt gestartet. Die Mädchenförderung ist da besonders wichtig. Gerade im Bereich Digitalisierung und Programmieren sind die Unternehmen schon längst draufgekommen, dass auch Frauen gebraucht werden.

Es werden zusätzliche Potentiale bei den Mädchen gesehen. Es ist eine Männerdomäne und aufgrund von Vorurteilen trauen sich Mädchen da nicht rein. Wir brauchen Frauen als Mentorinnen, die zeigen, dass Programmieren auch etwas für Frauen ist. Wir müssen die Mädchen aktiv ansprechen, dann kommen sie auch. Mittlerweile haben wir ein Drittel Mädchen in unseren Programmen. Es ist wichtig, einen gewissen Anteil von Anfang an dabei zu haben, damit die Mädchen weiterhin kommen.

Gerlind Weber - Schlusskommentar

Der Wettbewerb um die besten Köpfe ist hart. Er muss pro-aktiv geführt werden. Gemeinden sollten sich professionelle Demographie-Beauftragte leisten, die das für sie in die Hand nehmen. Sonst sind nicht nur die Frauen bald nicht mehr im Ort, sondern auch deren Kinder.



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